VORSERIE, ENTWICKLUNG & EXPERIMENTIERFAHRZEUGE

Studie

Im Januar 1974 legte Entwicklungschef Hans Scherenberg Eckpunkte für den W201 fest:

  1. Es muss sich um einen typischen Mercedes-Benz handeln.
  2. An der Fahrkultur, der Sicherheit und den entsprechenden spezifischen Mercedes-Benz Eigenschaften dürfen nicht all zu viele Abstriche gemacht werden.

Das erste Lastenheft zur Baureihe W201 legt bereits am 4. Februar 1974 folgendes fest:

  1. Mit diesem Produkt ist nicht daran gedacht, in die Märkte der Mittelklasse einzudringen, die beispielsweise von Opel und Ford seit Jahren behauptet werden.
  2. Vielmehr soll sich der Typ 201 von jenen aufgrund der unter dem Markensymbol vom Kunden erwarteten Eigenschaften bezüglich Qualität, Sicherheit und Fahrkultur bewusst absetzen.

Werner Breitschwerdt ändert an diesen Punkten aus Überzeugung nichts, denn ab 1977 wird er als Entwicklungschef Nachfolger von Hans Scherenberg.

Mitte bis Ende der 70er baute Mercedes die ersten Versuchsmodelle. Einen offiziellen Namen gab es bis Anfang der 80er Jahre nicht. Inoffiziell in Pressekreisen taufte man ihn “USHIDO”.

Im Herbst 1976 startete mit der Erstellung des Lastenheftes die Vorentwicklung einer neuen, kompakten Mercedes-Baureihe. Sie sollte unter Beibehaltung der typischen Mercedes-Charakteristika wie Verarbeitungsqualität, höchstmögliche Sicherheit und ausgereifte Technik zudem deutlich verringerten Kraftstoffverbrauch und eine bessere Wartungs- und Reparaturfreundlichkeit bieten.
Die bisher zuweilen ausladenden Gesamtabmessungen sollten einem neuen, günstigen Innenraum/Abmessungsverhältnis weichen.

Ushido
tonmodell

Einsparungen von 30cm (Länge), 10cm (Breite) und 280kg (Gewicht) gegenüber der gerade gestarteten Mittelklasse (W123) wurden angestrebt. Eine neue, jüngere Käuferschicht sollte angesprochen werden. Überlegungen für den Einsatz des Frontantriebs wurden verworfen, da es damals nicht möglich erschien, ohne Trennung von Antrieb und Lenkung bei mittelschweren Fahrzeugen optimale Fahreigenschaften abstimmen zu können.

Zwar waren im Vorstand Anfang 1978 noch Überlegungen über eine Zusammenarbeit mit anderen Herstellern angestellt worden, aber seit Oktober 1978 war im ganzen Vorstand Konsens über die Notwendigkeit dieser neuen kompakten Baureihe hergestellt.
Im Sommer 1978 – das Grundkonzept der Baureihe 201 stand fest – begann man mit einer umfangreichen Fahrwerks-Grundlagenforschung und -erprobung. Nicht weniger als acht Hinterachs-Grundkonzeptionen in 77 Varianten wurden untersucht, bei dem man sich eines modular aufgebauten karosserielosen Versuchsträgers bedienen konnte.

Crasherprobung
Fahrwerkserprobung

Fünf einzeln aufgehängte Stablenker erwiesen sich auch im Hinblick auf Einbauraumbedarf und Gewicht als das Optimum und so konnte die vom Daimler-Marketing propagierte Raumlenker-Hinterachse ihren Siegeszug antreten. Diese findet noch heute in jedem Standardkonzept der C-Klasse bis hin zum SL ihre weiter verfeinerte Verwendung.Bei der Implementierung der typischen Mercedes-Sicherheit konnte auch auf Erfahrungen aus den Experimentier-Sicherheits-Fahrzeugen zurückgegriffen werden. Seit 1979 schließlich galt dann auch offiziell der “Kleine” als Eckpfeiler des zukünftigen Pkw-Programms.

Der 190er gehört offiziell zum zukünftigen PKW-Programm.

Die ersten von Hand zusammengebauten Prototypen gingen in den getarnten Straßenversuch.

Durch die bereits im Februar 1982 als Vorserie und schließlich im September in Serie begonnene Produktion von zunächst rund 100 Wagen am Tag konnten die sonst bei Mercedes-Neuheiten üblichen Lieferfristen auf ein erträgliches Maß gedrückt werden.